sport
Samstag, April 25, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

Days of Entscheidung

Dass man die Krise durchaus persönlich nehmen sollte, dieser Standpunkt wurde hier in den letzten Wochen sehr ernsthaft vertreten: Es war nämlich äußerste Ruhe im Karton. Postings? Fehlanzeige! Dabei wurde aber durchaus über Fußball nachgedacht und auch publiziert. Allerdings: mit der guten alten analogen Methode – Stift und Zettel, und ab die Post. Strom sparen war die Devise. Das Zusammengeschriebene zeigte ich dann Fußball interessierten Menschen auf der Straße meines Vertrauens. Dabei geriet ich in manchen Streit über die Frage, ob die Krise nun mittlerweile so schlimm sei, dass man sie eigentlich mit „ie“, also Kriese, schreiben müsse. Nun ja.
Als äußerst krisenfest beweist sich der FC Barcelona, der konstant so bezaubernden Fußball spielt wie anno 2005/06, wobei sich neben den üblichen Verdächtigen (Xavi, Alves, Messi, Eto’o) besonders Andrés Iniesta auszeichnet: ein schmaler, blasser Edelmann (bösen Zungen benutzen auch gern den Begriff „Maschinenbaustudent“) mit unglaublichen Auge und Ballgefühl.
Ebenso unbeeindruckt vom Finanzmarkt-Armageddon zeigt sich Real Madrid. Denn bei denen wird mal wieder freudig über die anstehenden bzw. vermeintlichen Transfers laut nachgedacht – mittlerweile schon eine gute alte Tradition in der spanischen Kapitale. Ribery für 38 Mio, Kakà schon einen Vorvertrag und Cristiano Ronaldo steht ja angeblich eh schon fest. Nur leider wissen deren derzeitige Arbeitgeber noch gar nichts von dem, was Real schon wissen will. Falls man mal später einen Schuldigen für eine mögliche (bald kommende) Inflation sucht, darf man getrost mit den Finger auf die weißen Schweinchen zeigen.
Über England wollen wir hier mal nicht reden, denen glaub ich eh nix mehr. Allerdings haben die mit ausländischen Trainern und Spielern bisher noch immer für Angst und Schrecken im Süden gesorgt.
Bleibt noch der Blick nach Italien, dort, wo man noch immer fest an die Stärken des eigenen Fußballs glaubt, trotz der Kompletteliminierung in den europäischen Pokalwettbewerben. Jedoch, da ist einer, der sich aufschwingt, den Finger in die Wunde zu legen: José „the special one“ Mourinho. Er beschwerte sich zuletzt darüber, dass auf Grund des Erfolgsdrucks bei den Clubs keine nachhaltige Entwicklung der Kader und der Spielkultur möglich wäre. Alles nur aufs Ergebnis ausgerichtet. Zudem holte Mourinho mal wieder zu einem Rundumschlag gegen die Schiris aus. Kein Wunder, denn Inter schied im Pokalhalbfinale gegen Sampdoria aus (die das Finale nun gegen Lazio bestreiten, die wiederum Juve ausschalteten). Und wegen dieser ganzen verbalen Eskapaden hasst man Mourinho mal wieder. Aber das war ja in England auch der Fall. Und dann, als er ging, waren doch alle traurig. (Was aber auch daran liegen könnte, dass ein Großteil der Menschen in der westlichen Welt traurig zu sein scheint. Jedoch: Nix Genaues weiß man nicht.)
Donnerstag, März 26, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“

Im einzigen Teil einer deutschen Zeitung – den man noch lesen kann, ohne die Fassung, den Glauben an den Menschen und alle Hoffnung zu verlieren – der Mittwochsbeilage „Natur und Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gab’s diese Woche einen Artikel über das Grübeln zu lesen. Der Psychologe Thomas Ehring von der Universität Amsterdam: „Es gibt aber einen dysfunktionalen Grübelprozess, der aufgrund seiner Abstraktheit das Problem weder löst noch eine emotionale Verarbeitung erreicht.“ (Man beachte das Wort „Grübelprozess“, phantastisch! Sicher eins der schönsten deutschen Komposita.) Und weiter: „Das Grübeln spielt eine entscheidende Rolle beim Einstieg in die Depression, bei ihrer Aufrechterhaltung und beim Rückfall.“
Von dieser beunruhigenden Erkenntnis ist es nur ein kleiner Schritt zu einer anderen: Uns stehen in Europa (dem glüblerisch-depressiven Kontinent par excellence), ja der ganzen Welt, anderthalb Wochen WM-Quali-Langeweile bevor. Und da geht das Grübeln erst richtig los: „Wie schön wäre es ohne diesen ganzen Krampf?“ „Was wäre, wenn es die Ligen und die europäischen Wettbewerbe auch in diesen anderthalb Wochen gebe?“ „Was wäre, wenn es die anvisierte europäische Superliga schon gebe?“ „Was wäre, wenn ...?“
Ja ... was wäre, wenn? Und was hat es eigentlich mit den Nationalstaaten auf sich? Sicher, man kann diese befürworten, die waren ja angeblich der Hort der Bürgerrechte und der neuzeitlichen Demokratie. Aber was ist eigentlich mit den Nationalmannschaften? Da kann man lange drüber grübeln, straight to Depression.
Und da sind wir auch schon bei der etwas konkreteren Frage, ob Nationalmannschaften in einem zusammenwachsenden Europa, innerhalb der sogenannten Europäischen Union also, nicht verboten gehören. Die Europäischen Kommission hat auf jeden Fall die Macht, das einfach so, über unsere Köpfe hinweg, zu entscheiden. (Am selben Tag, diesen Mittwoch, schrieb der Schweizer Autor Thomas Hürlimann in der FAZ – huch, schon wieder diese Zeitung! Ja, ich krieg’ Geld von denen; aber nicht viel – über die Brüsseler Politbürokratie, dass diese sich mehr und mehr dem sowjetischen Vorbild angleiche.)
Über solche Dinge nachzudenken, wird man also von der nervigen WM-Quali gezwungen. Und damit zum Grübeln. Und damit zum Unglücklichsein. Beweis durch Selbstversuch. Denn das muss man doch sagen: Mensch, die Wissenschaft ist schon echt verdammt schlau. Da grübelt man, und grübelt, und schon ist man ... ganz traurig.
Übrigens wird es wohl mit der europäischen Superliga (Zusammenfassung von Champions League und Uefa-Pokal) erst mal nix, laut Karl-Heinz Rumenigge. War scheinbar nur so eine Vision einiger Uefa- und Vereinsbonzen. Die seh’ ich dann nachher beim Neurologen unseres Vertrauens.
Freitag, März 13, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

Südliche und allgemeine Adnoten

Muss auch mal sein – Lob des Status quo: Und der zeigt in Schpanien und Italien Barca bzw. Inter recht solide an der Tabellenspitze, mit sechs und mit sieben Punkten Vorsprung auf den Zweiten, hier Real MadRIP, dort Juventus Turin. Dabei hatten die Status-quo-Umstürzler, und das sind wohl alle Umstürzler irgendwie, in den letzten Wochen gar Morgenluft gewittert – Inter konnte nur dank des Schiris eine Heimpleite gegen die Roma verhindern, und Barca verlor erst das Derby gegen Espanyol und dann auch noch bei Atletico Madrid furios mit 3:4.
Doch manchmal kommt die aus den Fugen geratene Welt auch wieder in Ordnung, auch wenn das durchaus Ansichtssache sein mag (Pluralismus, ick hör’ dir trapsen!). So gewann Barca das vorgezogene Pokal-Endspiel gegen Athletic Bilbao mit 2:0. (Meta-Adnote: mit Barca und Bilbao standen sich die beiden Rekordpokalsieger Spaniens gegenüber – auch wenn man mit dem spanischen Staat so seine Probleme hat, den Pokal dieser förderalen Nation nimmt doch immer gerne mit.)
Zuvor hatte Christian Eichler in seiner „Eurogoals“-Kolumne auf faz.net noch geunkt, dass die Barca-Abwehr nur Mittelmaß sei, und dabei vergaß er scheinbar völlig, dass diese noch einer der besten Europas während der Hinrunde gewesen war. Ja, so schnelllebig und vergesslich macht der News-Druck der Presse das Hirn. Und darum werde ich die Sache im Auge behalten, quasi: Eichler-Watch.
Und Inter bewies am letzten Wochenende Souveränität und gewann beim starken CFC Genua. Wer also auf Unsicherheit und auf ungewisse Enden steht, hält sich wohl derzeit eher an den Ligen in Deutschland aka. ’schland, Frankreich oder Portugal schadlos.

Auch in der DDR gab’s einen Süden: Auch wenn man wegen Uwe Tellkamp und seines „Turm“-Romans mittlerweile nichts mehr gegen Dresden sagen darf, ohne in deutschen Feuilletonstuben auf der Stelle aufgeknüpft zu werden, erfreute es einen doch wieder sehr, am Sonntag im Berliner Jahn-Sportpark beim Spiel Union-Dynamo Dresden dem alten Berlin-Sachsen-Hass zu frönen. Es wurden die Klassiker, oder solche, die es sein wollen, auf den Rängen zum besten gegeben: „Ihr seid Sachsen, asoziale Sachsen ...“, „Union, die Fußballhure“, „Zack, Zack, Zack, Sachsenpack“ etc. pp.
Dynamo spielte ordentlich (hatte aber nicht annähernd die Qualität der Choreos der mitgebrachten Fans), Union besser und gewann verdient mit 2:1. Und ich war die größte Zeit des Spiels auf der verzweifelten Suche nach Glühwein, ohne Erfolg. Angeblich hatte ich die erzwungene Abstinenz im Stadion den sogenannten Sicherheitsvorkehrungen zu verdanken. Denn es gibt nun schon eine ganze Weile eine Art Privatfehde zwischen den Dynamos und der Berliner Polizei (Polizeipräsident Glietsch hatte beim letztjährigen Union-Dresden-Spiel gar versucht, den Verkauf von Gästekarten ganz zu verhindern). Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die ehemaligen Polizeisportvereine (Dynamo Dresden, BFC) des realexistierenden Sozialismus auf deutschem Boden mittlerweile und immer wieder die größten Probleme mit der Polizei haben. Ironie? Ja! Ach so: Ha, ha, ha! – Ja, höret diese Worte: Die Ersten werden die Letzten sein. – Vielleicht ist Polizeipräsident Glietsch aber auch nur ein verdammter Spielverderber.

Was steht hinter einer möglichen EU-Erweiterung? – Was die Türkei betrifft, scheint der Fall klar zu sein: Europas Fußball und seine Gepflogenheiten sollen vor Langeweile bewahrt werden. Jörg Berger weiß da einiges zu berichten: Clubbosse mit Knarren, das Schlachten eines Rinds im Mittelkreis durch den neuen Trainer als erste Amtshandlung. Da stinken Beckham und seine Unterwäscheprobleme aber gewaltig gegen ab, Fräulein Old Europe!
Freitag, Februar 20, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

Das Derby und schon wieder das Darwin

Alle, oder zumindest viele, Augen waren am Sonntagabend auf die Stadt gerichtet, die einer Minestrone, die durch viel grünes Gemüse eine entsprechende Farbe hat, ihren Namen gab: Milano. Name der Suppe: Minestrone Milanese, klaro. Name des Spiels, Inter gegen AC (und das zum 270. Mal): „Derby della Madonnina“. Schön. (Kann man sich ungefähr so wie das auch schon sehr alte Derby „Darwin gegen Gott“ vorstellen, auch wenn das hier ein bisschen verkürzt rüberkommen mag.) Was gibt’s dazu zu sagen? 1. Beckham wurde in der 57. Minute für Pippo Inzaghi ausgewechselt. 2. Das 1:0 für die Nerazzurri durch Adriano war irregulär, denn der brasilianische Sturmtank, der trotz der ganzen Disko- und Alk-Eskapaden ziemlich flott aufspielte, brachte den Ball mit dem Arm im Milan-Tor unter. Aber der hat ja so mächtige Arme, da kann man gar nicht immer genau erkennen, ob die nicht vielleicht zu seinem mächtigen Oberkörper dazugehören (was auch vom Alk herrühren könnte, doch wir wollen nicht unken, Depressionen sollen ja der Grund seiner ganzen Verfehlungen gewesen sein, Prost). 3. Inter gewann die Chose knapp mit 2:1 (Stankovic schaffte es nach vergebenen 1000prozentigen Chancen doch noch, den Ball im Tor unterzubringen, und Pato sorgte nach einem Ronaldinho-Zauberpass, der an alte Barca-Zeiten erinnerte, für den Anschluss). Und da Juve nur ein Remis gegen Sampdoria zustande brachte, haben die Schwarzblauen nun neun Punkte Vorsprung auf den schwarz-weißen Rekordmeister und elf auf die rot-schwarzen Milanisti. Merke und beachte: Überall taucht irgendwo Schwarz auf.
Südligenbericht-Ehrenpreis für: di Vaio vom FC Bologna und Diego Milito vom CFC Genua, Nummer eins und zwei der Torschützenliste der Serie A. Bei di Vaio hätten so manche wohl gedacht, dass er überhaupt keine Tore mehr schießen würde nach seiner Tour durch Europa und der stetig absteigenden Form (außer bei irgendwelchen Charity-Spielen in der tiefsten Provinz bzw. in den trostlosesten Ghettos). Und Diego Milito ist immer noch nicht bei einem großen Verein gelandet, würde aber in jeder Liga der Welt locker seine 15 bis 20 Tore pro Saison machen, zuvor für Saragossa, nun wieder in Genua (außerdem sieht er auch noch gut aus, zumindest besser als sein Barca-Bruder).
Südligenbericht-Unehrenpreis: für Raúl, der mit seinem soundsovielten Treffer den ehemaligen Vereinskollegen di Stefano hinter sich ließ, gähn, und keine Achtung vor dem Alter.
Finanzen: ein 70-Millionen-Kredit der Banco Santander für Real, angeblich an einen Wechsel Cristiano Ronaldos geknüpft – da kann man mal sehen, wie hart die Finanzkrise manchen zusetzt. (Eigentlich bitter, wie wenig kreativ die Verantwortlichen bei Real sind, so à la: Hm, sportlich läuft’s auch nur mäßig ... und nun, hört mal, der Masterplan: Ronaldo, Messi oder Kakà holen, geil oder!? – Liebe Banco Santander, wohl noch nichts von der „Galacticos 2.0 verhindern!“-Kampagne gehört, oder wat!?)
 
Wenn das Darwin noch erleben dürfte, Mensch!

Nein, nein, Fußball is not coming home, Charles, sondern: Der Evolutionstheoretiker von heute horcht bei folgender Aussage von Pep Guardiola (Trainer FC Barcelona) über Lionel Messi auf: „Er ist der einzige Fußballer, der mit Ball schneller läuft als ohne.“ Eine Sache, die das französische Publikum am Mittwoch beim Länderspiel Frankreich-Argentinien bestaunen konnte und die in uns die merkwürdigsten Bilder hervorruft. Was hat das denn zu bedeuten? Ein Auto, das ohne Sprit schneller fährt als mit? Dumme, die mehr wissen als Kluge? Frauen, die einen tolleren Penis haben als Männer? Essen ohne Scheißen? Prügel ohne Schmerzen? – Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Wir feiern ja nicht nur den 200. Geburtstag Darwins, sondern auch den 20. Todestag des Verhaltensforschers und Graugänsepapis Konrad Lorenz, und der warnte ja immer vor der sogenannten Verhausschweinung des Menschen. Und diese wird, wie es scheint und hier durch Messi bestätigt wurde, immer mal wieder durch plötzliche Mutationen unterbrochen bzw. in vollkommen andere Bahnen gelenkt. Liebe Kreationisten, da müsst ihr euch warm anziehen, auch wenn Barca am Sonnabend bei Betis Sevilla nur 2:2 gespielt hat, mit Messi als Einwechselspieler.
Folgende Einwände sind jetzt sicher angebracht:
Warum muss es denn hier schon wieder um Messi gehen und nicht zum Beispiel um Simon Rolfes? Hm.
2. Ey, mal ’ne kurze Frage. Wären hier nicht eigentlich ein paar Links, Darwin, Lorenz, Rolfes usw., angebracht? Nee, nee, die Krise, Leute, den Gürtel enger schnallen, den Informationsfluss auch.
Donnerstag, Februar 05, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

Zorn, Gnade und WSV

Nein, auch wenn es ein durchaus südliches Thema ist, hier soll es nicht um das ganze Gedöns wegen der Aufhebung der Exkommunizierung der Pius-Bruderschaft durch den Papst gehen. (Wie der kritische Leser weiß: Bei Sätzen, die mit „hier soll es nicht um ... gehen“, ist natürlich höchste Vorsicht geboten, weil es meist ja doch darum geht. – Schlimm, wie man immer mit der Nase in den Sumpf der eigenen Verlogenheit gedrückt wird.)
Nein, eigentlich geht es mal wieder darum, wie der Fußball einem paranoides Gehirn ziemlich zu schaffen machen kann. Nämlich: Da wurde Anfang der Woche Atletico Madrid-Trainer Aguirre nach acht Spielen in Folge ohne Sieg entlassen. Und klar, Aguirre, den kennen wir doch noch von unserem Lieblingsautorenfilmer Werner Herzog, „Aguirre, der Zorn Gottes“, mit Klaus Kinski auf der Hauptdarstellerbank. Und andererseits war es doch eine ziemliche Gnade für den Mexikaner Aguirre, dass er es überhaupt zweieinhalb Jahre auf der Trainerbank bei Atletico ausgehalten hat. Und wer die Zeichen zu deuten versteht, der wird sicher auch nicht vergessen haben, dass vor nicht langer Zeit Deutschlands Philosophie-Titan, Peter Sloterdijk, ein Buch mit dem Titel „Zorn und Zeit“ herausgebracht hat.
Aber zurück zu Atletico, das Dauer-Sorgenkind. Eigentlich hätte man gedacht, dass es nun nach dem Ende der Präsidentschaft Jésus Gil y Gils, übrigens mein Lieblings-Nepotist im Fußball, etwas ruhiger und geradliniger im Verein zugehen möge. Immerhin haben die Rot-Weiß-Blauen doch einen recht flotten Kader (Kun Aguero, Forlan, Maxi Rodriguez, Maniche, Ujfalusi, Simao) und starteten auch gut in die Saison, der Knackpunkt war vermutlich das 1:6 bei Barca. Bis zum Saisonende wird vorerst Abel Resino den Cheftrainerposten übernehmen. Der gute Mann war bis vor Kurzem noch Trainer des Zweitligisten CD Castellon und 1986-95 Torhüter bei Atletico. Seine 1275 Minuten ohne Gegentor sind noch immer Rekord in der Primera Division, und, auch wenn es die Spanier vielleicht nicht so interessiert, Torhüter der Nationalmannschaft war er auch eine Zeit lang.
Die weißen Schweine, Atleticos Stadtrivalen von Real, waren kurz vor Ultimo noch mal auf dem Transfermarkt aktiv, Julien Faubert von West Ham darf sich im Mittelfeld für Real die Füße schmutzig und die Seele unrein machen lassen. Zur Vorstellung des neuen Spielers kamen immerhin 53 Leute (vielleicht waren es auch nur 52). Allerdings ist Faubert nur als Leihgabe für die Madrilenen tätig. Und man wird den Verdacht nicht los, dass da einfach nur auf Grund des Champions-League-Achtelfinales gegen Liverpool mit einem Inselerfahrenen aufgerüstet wurde. Und mal ehrlich: Wer das FA-Cup-Spiel Liverpools gegen Everton gesehen hat, der dürfte einen möglichen Sieg Reals nicht mehr nur als völlig wahnsinnige Utopie abtun. Leider.
Ansonsten hielt sich der Süden jedoch mit Wintertransfers zurück, Diarra und Huntelaar kamen ja schon Ende letzten Jahres für Unsummen zu Real. Hektisch ging es nur ein wenig in England zu. Und, Obacht, in Deutschland! Was da um den 31. Januar noch alles durch den News-Ticker in Sachen Wechsel und Neuverpflichtungen lief, ließ den Verdacht aufkommen, dass die Tugend des Winterschlussverkaufs in good old Germoney unausrottbar ist. Da wurde an den Wühltischen der Spielerberater ordentlich zugelangt.

In memoriam Jésus Gil y Gil (1933-2004): Die zehn Jahre währende Amtszeit als Bürgermeister von Marbella brachten dem netten dicken Herrn nicht nur eine Menge Geld ein, sondern auch eine Woche U-Haft. Von der sauer verdienten Kohle kaufte er sich beispielsweise einen ausrangierten Flugzeugträger. Seine sterblichen Überreste wurden mit einer Atletico-Fahne umwickelt und bestattet. „We’ll meet again. Some sunny day.“ (Johnny Cash, Original: Parker/Charles)
Sonntag, Februar 01, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

Trotz gegenteiliger Meldungen und Meinungen: Fußball ist Frieden.
Und Fußball sollte Teil einer großen Umerziehung sein, der garstigen Deutschen zum Beispiel, die zwar mittlerweile höchst friedfertig geworden sind, dabei aber dem Sog der Vergangenheit anheim fallen. Man kämpft sich (was für ein Bild!) durch Tellkamps „Turm“ (nicht zu verwechseln mit dem von Hoffmannsthal, ihr Banausen), erträgt den „Baader-Meinhof-Komplex“ und fiebert bei der „Operation Walküre“ mit. Und man weiß von Gottfried Benn, dass Geschichte vor allem „Mord und Totschlag“ ist (für die Lustigen unter uns: Tod und Mordschlag), und manchmal auch noch ordentlich viel Dilettantismus. Und die ganze Unterhaltungsmaschinerie, die ja durchaus eine feine Sache sein kann, verwirrt die Sache zusätzlich. Zum Beispiel las ich kürzlich in meinem Tagebuch noch einmal die letzten Einträge durch, und siehe da: „Liebes Tagebuch, war gestern Abend in ‚Operation Walküre‘. Schade, dass Tom Cruise es nicht geschafft hat, den Führer wegzubomben ... Ich hörte davon, dass bei Real Madrid Florentino Perez wieder Präsident werden will und Zidane als Sportdirektor zu installieren gedenkt. Ich habe Angst. Wir leben in dunklen Zeiten. Nanu, bin ich jetzt Relationist, gar Relativist, weil ich diese Sachen so nah bei einander aufgeschrieben habe?“ Nein, beim Fußball herrscht weniger Verwirrung. Hier ist so gut wie alles Gegenwart. Gutes Story-telling. Ein buntes Kaleidoskop von Menschen, Geldern, Regeln, Emotionen, Absurditäten. – Paolo Maldinis ältester Sohn kann endlich aufhören zu weinen, denn Kakà bleibt. Die 120 Millionen, welche die Jungs aus dem Süden, genannt: die Scheichs, für einen Wechsel zu ManCity lockermachen wollten, konnten die treue Seele des Brasilianers („kicker“-Note letzter Spieltag gegen Bologna: 1) nicht brechen. Treueschwüre auch von Messi („kicker“-Note letzter Spieltag gegen Numancia: 1), denn die Gerüchteküche um Florentino Perez brodelte Folgendes hervor: neben Cristiano Ronaldo und Kakà könnte man noch Coup-mäßig Messi von Barca loseisen, à la Figo, damals, 2000 war’s. Ein bisschen billiger als die drei genannten könnte David Beckham werden (also: Messi+Ronaldo+Kakà = 420 Mio., Beckham = irgendwas unter 420 Mio.), falls es tatsächlich zu einem längerfristigen Engagement bei Milan kommen sollte. Becks erhielt für das Spiel gegen Bologna am Sonntag vom „kicker“ übrigens die Note 2. Der beste Fußballer der Welt erzielte sogar sein erstes Milan-Tor. Milan-Trainer Ancelotti: „Er ist ein immens nützlicher Spieler mit ungemeiner Spielintelligenz.“ Inters Trainer Mourinho wird wegen verbaler und sein Spieler Adriano wegen körperlicher Attacken gesperrt. „Kleines und Großes geschieht, ein Zahn fällt aus einem Munde, ein Mann aus den Reihen heraus, ein Sperling auf die Erde herunter,“ so Knut Hamsun am Ende seiner „Stadt Segelfoß“-Trilogie. Und das alles ohne Führer, Andreas Baader, Oberst Stauffenberg, Nazis und Kommis, Tätern und Opfern.
Und kein Wunder, dass Deutschland im Uefa-Ranking auf Platz fünf rumdümpelt.
Und schlimm, wenn man nichts mehr zu sagen hat.
Und dann, dann fällt mir plötzlich doch noch was ein, das Zeitgeschichtliches sein könnte, ein leiser Zwischenton jedoch, mit Tätern und Opfern und so. Während des WM-Endspiels 2006 zwischen Italien und Frankreich meinte ein befreundeter Franzose nach Zidanes Kopfstoß gegen Materazzi in Richtung des französischen Spielmachers: „Zizou, dass du nach Hause kommst!“ Der Hauch der Historie. Ich hab’s verstanden. Fühlt sich toll an. Titanisch.
Mittwoch, Januar 14, 2009
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:

2009

Dies vorab: Falls jemand doch nicht die „Brot statt Böller“-Maxime in die Tat umgesetzt haben sollte, so hat er/sie die Dinge doch hoffentlich für kommende fußballerische Groß- und Kleinereignisse und für diverse Stadionbesuche aufgehoben (natürlich nicht die ganz großen, logo!, viel zu gefährlich).
Ansonsten fing ja das Jahr recht korrekt an, u.a. mit flotten Barca-Siegen. Und auch nicht so schönes gab es: z.B. Real-Siege. Man sehnt sich förmlich Bernd the blonde angel Schuster zurück. Dessen deutschen Fatalismus hat der Neue, Juande Ramos, natürlich nicht zu bieten. Jedoch könnte er durchaus eines Tages mit der Truppe erfolgreich sein, leider und schnüff.
Doch es gibt noch Unschöneres im neuen Jahr, und es hat auch mit Real Madrid zu tun (haben das eigentlich alle unschönen Sachen?): sie machen dort in ihrer Hauptstadt was ganz doll Schönes kaputt, nämlich die good old Demokratie, treten sie mit Füßen usw. – Bei der Generalversammlung des Vereins am 7. Dezember des vorigen Jahres, bei der es um nicht unerhebliche Finanzentscheidungen ging, soll Präsident Calderon eine Gruppe von Leuten eingeschleust haben, die dann bei der Abstimmung teilnahmen (jep, richtig geraten: zu seinen Gunsten), die jedoch gar nicht zu den Delegierten gehörten und zum Teil noch nicht einmal Mitglieder bei Real sind (was irgendwie schon wieder putzig ist – man stelle sich vor, Calderon irrt in der Madrider Innenstadt umher und versucht irgendwelche Leute anzuhauen, ob sie nicht mal eben für ihn bei so einer Sache für ihn abstimmten könnten ...). Man hatte ja bereits davon munkeln gehört. Allerdings ging es vor ein paar Wochen noch darum, dass Calderon mit ein paar Jungs von den Ultras Sur (böse Fans) bei der Abstimmung auftauchte, wahrscheinlich um noch ein wenig die Werbetrommel für sein ruinöses Finanzgebaren zu rühren und nebenbei ein wenig Entscheidungshilfe zu geben. Die Abstimmung verlief dann auch zu seinen Gunsten. Und: Erfolg gibt einem recht. Nun soll eine Untersuchungskommission die Sache aufklären. Gähn.
Aber vielleicht ließ man da in Madrid nur den Worten Taten folgen, man bedenke das ganze „Postdemokratie“-Gerede der letzten Zeit (gut, in Deutschland ist das noch nicht richtig angekommen, hier gilt solch ein Begriff wohl schon als obszön, also lieber nicht drüber nachdenken und sprechen). Also einige – und das sind nicht irgendwelchen durchgeknallten, faschistischen Fanatiker – meinen, dass sich unsere politische Kultur, ja unser politisches System zu ändern habe, sich ändern werden müsse, auf Grund neuer Gegebenheiten innerhalb und außerhalb der demokratischen Nationen. Und natürlich, wie immer: Real kann einfach nicht anders und ist mal wieder voll und ganz Avantgarde. Impavidum ferient riunae. (Horaz – Den Furchtlosen werden noch die Ruinen tragen.)
Und ab ins nächste Land mit Problemchen im politischen System (das hier aber keiner überheblich wird, verstanden!?): Italia. Müsste eigentlich hier schon wieder was über Becks schreiben. Will ich aber nicht. Find’s nur bewundernswert von seinen Kollegen – was hat Milan doch für eine starke Truppe –, dass sie ihn von nun an 89 Minuten mit über den Platz schleppen müssen. So lange dauerte nämlich sein Einsatz beim AS Rom, 2:2, beide Milan-Tore vom 19-jährigen Pato (sic!). Becks hat schön gejubelt, fand ich. Juve nun mit vier Punkten an Inter dran ... nun, wir wollen nicht alles dramatisieren.
Weltfußballer 2008: Cristiano Ronaldo ... aber das war doch letztes Jahr! Hehe.
Weltfußballer of the aktuelle year bzw. gerade: Lionel „la pulga“ Messi. (Mit und ohne Ball übrigens, wie Aletico-Trainer Aguirre feststellte.)