sport
Mittwoch, Dezember 15, 2004
 
Der Südligenbericht von Catherine Zeta-Bohlen:
Politischer Fußball: Der ETA-Terrorismus hatte sich ja schon vor ein paar Wochen zurückgemeldet, nachdem er durch die Anschläge vom 11. März von Islamisten in den Schatten gestellt wurde. Irgendwer nutzte nun die neue Bedrohung durch die ETA und ließ es am Sonntag beim Spiel Real gegen San Sebastian zu einem Spielabbruch im Madrider Bernabeú-Stadion kurz vor dem regulären Abpfiff kommen, es stand 1:1 (Tore: Ronaldo und Nihat). Ein Anrufer hatte bei “Gara”, einer Zeitung aus Bilbao angegeben, dass um 21 Uhr eine Bombe im Stadion hochgehen wird. Und das wurde natürlich ernst genommen. Immerhin hatte die ETA am 1.5.2002 beim Champions League Halbfinale Real-Barca in der Nähe des Madrider Stadions eine Autobombe gezündet, 17 Menschen wurden dabei leicht verletzt. Man könnte sich jetzt fragen, ob die ETA oder Teile von ihr San Sebastian Fans sind, wobei zu bedenken ist, dass Athletic Bilbao einen rein baskischen Kader hat, was der ETA mehr gefallen dürfte. Interessant ist auch die Frage, ob nicht vielleicht ein verirrter Fan der weißen Hauptstädter der Anrufer war und einfach auf ein Wiederholungsspiel hoffte, denn immerhin hatte Barca am Vortag 2:1 in Albacete gewonnen (Tore durch Iniesta und Xaví) und mit dem 1:1 von Real wären die Katalanen ihren Erzfeinden um elf Punkte in der Tabelle enteilt. (Neuer Tabellenzweiter ist nun Espanyol Barcelona durch einen 2:1-Sieg gegen Mallorca.) Wie dem auch sei. Die Fans verließen relativ ruhig das Stadion, teilweise auch über den Rasen und brachten sich in Sicherheit, genauso wie die Spieler, von denen ein paar aber noch duschten (wahrscheinlich voller Todesverachtung) bevor sie die Terrorstätte verließen. Die Polizei fand übrigens nichts auffälliges. Im Januar werden nun die restlichen Minuten des Spiels nachgeholt. (Falls im Bernabeú-Stadion wirklich mal eine Bombe hochgehen sollte, dann wahrscheinlich nicht aus terroristischen Gründen, sondern um ein neues Stadion zu bauen, was der Real-Präsident ja so gern möchte, ihm aber von der Stadt bisher verwehrt wurde. Dem ist alles zuzutrauen. Take care.)
Taktischer Fußball: Normalität ist back again. Bologna-Juve 0:1 (Nedved machte das Turiner Traumresultat perfekt), Siena-Inter 2:2 (Adriano und Vieri tun alles für einen neuen Rekord in Sachen Unentschieden in einer Saison, Adriano verschoss sogar einen Elfer dafür), nur Milan fällt richtig aus der Reihe: 6:0 gegen den AC Florenz (u.a. zwei Tore von Schewschenko und Seedorf) und ist damit das erfolgreichste Team der Serie A im Jahr 2004. Hoch her ging‘s auch in Rom, wo Lazio auf die Offensivspezialisten von Lecce traf und nach zweimaligem Rückstand noch ein 3:3 schaffte. Zwei Treffer erzielte dabei der alte Haudegen Paolo Di Canio, der daraufhin meinte: “Viele haben gesagt, dass ich nur noch 15 Minuten in meinen Beinen hätte. Nun gibt es zwei Lösungen: Entweder bin ich doch nicht so schlecht, oder ich war gedopt.” Lazio-Trainer Mimmo Caso konnte sich übrigens gar nicht freuen, er wurde entlassen, Giuseppe Papadopulo soll sein Nachfolger werden. Die Überraschungsmannschaft aus Udinese schaffte ein 1:0 bei Bergamo und bleibt auf Rang drei hinter Juve und Milan. Die Chaostruppe vom AS Rom erreichte in Brescia ein 1:0.
Wir nehmen Abschied vom Weltpokal: Am Wochenende wurde zum letztenmal der Weltpokal in seiner althergebrachten Form (1960 gegründet) in Tokyo ausgetragen, d.h. Sieger der Champions League gegen den Sieger der südamerikanischen Copa Libertadores. In diesem Jahr hieß das Duell FC Porto gegen Once Caldas, dem kolumbianischen Verein aus der Kaffeestadt Manizares. Porto siegte im Elferschießen mit 8:7 gegen den Underdog, trotz der Leistungen des grandiosen Torhüters Henao während des Spiels. Dieser Henao ist mittlerweile sowas wie ein Fußballgott, denn seine Paraden und gehaltenen Elfer machten Once Caldas zum Südamerika-Champ (Portos Keeper Vitor Baia verletzte sich übrigens beim Weltpokalfinale mysteriös, gute Besserung). Ab nächstem Jahr soll es nun die Club-WM geben anstatt des Weltpokals. Die Kontinentalmeister treffen da aufeinander, Südamerika und Europa steigen erst im Halbfinale ein, wobei die europäischen Clubs noch uneinig sind, ob sie dann wirklich Lust haben in Japan um die Ehre zu spielen, auch wenn’s Zaster dafür gibt.