sport
Donnerstag, April 01, 2004
 
Der Suedligenbericht vor Ort.
Diesmal: Guiseppe-Meazza-Stadium aka. San Siro, Mailand. Dass der Sueden was vom Fussball versteht, duerfte langsam allen klar geworden sein. Vollkommen ueberzeugt wird man aber bei einem Besuch der spanischen oder italienischen Fussballtempel. San Siro ist dem Mailaender Fussball ein wuerdiges Stadion, Milan und Inter spielen hier (fuer alle die das vergessen haben sollten). Natuerlich ein reines Fussballstadion, etwas ueber 80000 Plaetze, extravagante Architektur der 20er, die zur WM
'90 totalsaniert wurde (mit leichtem Hang zum Flughafencharme), relativ zentral gelegen. Das Spiel hiess Milan gegen Chievo Verona. Wir wurden von einer Bekannten vor den gefaehrlichen Chievo-Hools gewarnt, aber vielleicht verwechselte sie das mit den Skins von Hellas Verona (zur Zeit 2. Liga). Die Chievo-Fans blieben brav in ihrem Block, machten Krach, wurden von Polizisten bewacht und zuendeten ein paarmal gelbes bengalisches Feuer an. Auf der gegenueberliegenden Seite sassen die Milan-Ultras. Die hatten natuerlich rotes bengalisches Feuer und sangen die ganze Zeit Lieder, die nach irgendwelchem pathetischen Italia-Pop klangen. Alle Rossoneri mussten die erste Zeit viel leiden, denn Chievo hatte hinten mal wieder richtig Beton angemischt und liess Milan (Inzaghi und Tomasson stuermten) nicht in den Strafraum, Kakà und Seedorf konnten noch soviel versuchen. Und dann fuhr Chievo seine Konter und machte einfach zwei Dinger rein. Der unterbschaeftigte Dida im Tor hatte keine Chance. In der zweiten Haelfte wurden Schewschenko, Rui Costa und Ambrosini eingewechselt. Die muehten sich ebenfalls sehr, starben auch ab und zu in Schoenheit, aber trafen trotzdem nicht. Erst ein 25m-Hammer von Pirlo in der 80. Minute liess wieder hoffen und die bisherige Lethargie
vergessen (einige verliessen schon das Stadion). Die Stimmung war zurueck. Doch Milan hatte weiter Probleme, den Ball in Chievos Strafraum zu bringen. Sehr lustig war, dass die meisten gefoulten Spieler so taten, als ob ihnen bei vollem Bewusstsein mit einer rostigen Laubsaege das Bein amputiert worden waere. Das brachte Milan viel Nachspielzeit, vielleicht ein bisschen zuviel (zudem verletzte sich der Chievo Torwart noch und konnte nicht mehr ausgewechselt werden). Also flankte in der 97. Minute
Rui Costa ein letztes Mal in Chievos Strafraum und Schewschenko hielt einfach seinen Kopf hin. 2:2, aus die Maus. Das Stadion steht Kopf. Der Schiri pfeift ab, Milan-Fans beschimpfen die Leute im Chievo-Block und Schewschenko gibt auf dem Platz ein Interview. Eigentlich wollte mich ja Berlusconi begruessen, doch der hatte dann doch keine Zeit und so fuhren wir zurueck. Die meisten Bildungsbuerger, die wir hier bisher getroffen haben sind Inter-Fans und meinen, dass das zur Zeit aber auf Masochismus hinauslaeuft. Was gibt's sonst noch in Milano: Bildschirme in der U-Bahn, wo nach dem Spiel AC/DC kam, Kerzen im Dom fuer die in Berlin gebliebenen anzuenden, auf einer Party einer Galeristin zu Motoerhead tanzen und fuer 4,80 alkoholfreies Bier kaufen.
Ciao. Catherine Zeta-Bohlen.